Die Transformation des Helmstedter Reviers wird besonders mit dem täglich steigenden Lappwaldsee zunehmend sichtbar. Die erfolgreiche Gestaltung dieser Transformation ist eine spannende und komplexe Planungsaufgabe. Um diese Herausforderung ganzheitlich und mit fundierten Impulsen und Konzepten voranzutreiben, haben der Planungsverband Buschhaus und der Regionalverband Großraum Braunschweig einen Ideenwettbewerb ausgelobt, der auch von der Wirtschaftsregion Helmstedt GmbH finanziell unterstützt wurde.
Zwölf Planungsbüros aus Deutschland und Österreich haben jeweils eine Vision und Raumstrategie für den Osten des Großraumverbandes und den äußersten Westen des Landkreises Börde (Sachsen-Anhalt) entwickelt und ihren Beitrag eingereicht. Die Preisverleihung zum Ideenwettbewerb „Transformation – vom Braunkohlerevier zur Grünen Energielandschaft“ fand im Juni statt. Das Siegerteam kommt aus Süddeutschland: „Glück Landschaftsarchitektur GmbH“ gemeinsam mit „Labor für urbane Orte und Prozesse“, beide aus Stuttgart.
Die Renaturierung und strukturelle Neuaufstellung nach dem Ende des Braunkohleabbaus in Deutschland fordert die jeweiligen Kommunen vor Ort sehr: Es müssen Weichen gestellt werden, mit denen teilweise riesige Gebiete neu gedacht und entwickelt werden sollen. Auch im Großraum Braunschweig gibt es mit dem Helmstedter Revier ein solches Gebiet auf immerhin 4.500 Hektar Fläche. Es gilt, diesem Teil der Region ein neues, zukunftsfähiges wirtschaftliches Rückgrat einzuziehen und den hier lebenden Menschen zugleich einen Raum zu geben, den sie erleben und mit dem sie sich verbunden fühlen können.
Die Wettbewerbsergebnisse wurden bereits in Haldensleben, in Schöningen und in der Halle des Helmstedter Bahnhofsgebäudes präsentiert und fanden jeweils großes öffentliches Interesse. Ende Oktober/Anfang November sind sie im Braunschweiger Hauptbahnhof zu sehen. Anschließend werden sie in den Architekturpavillon der TU Braunschweig gebracht, um dort der Fachwelt und den Studierenden Inspiration und Lehrstück zu sein sowie einer kritischen Erörterung zu dienen.
Alle Teilnehmerbeiträge sind auch online einsehbar beziehungsweise stehen unter folgenden Links zum Download bereit:
Ab Mitte des 20. Jahrhunderts diente die im Helmstedter Revier geförderte Braunkohle fast ausschließlich der Stromerzeugung. Nachdem die Förderung im Tagebau Schöningen, dem letzten aktiven Tagebau im Revier, eingestellt und das Braunkohlekraftwerk Buschhaus im Zuge des bundesweiten Kohleausstiegs abgeschaltet wurde, finden derzeit weitreichende planerische Veränderungen statt. Ziel ist es, die Revierflächen nachhaltig und zukunftsweisend zu gestalten.
Der Planungsverband Buschhaus arbeitet gemeinsam mit dem Planungsverband Lappwaldsee, den beteiligten Gebietskörperschaften und den Eigentümern daran, die Flächen auf- und vorzubereiten für die Entwicklung von zukunftsfähigen Bereichen. Erst nach eingehender Prüfung einer möglichen Weiternutzung werden nicht mehr benötigte Infrastrukturen zurückgebaut. Auch auf diese Weise verfolgt man ressourcenschonende Strategien der Nachnutzung.
Der Standort Buschhaus ist bisher als Vorrangstandort für den Betrieb von Großkraftwerken ausgewiesen. Nun wurde er als möglicher landesbedeutsamer Vorrangstandort für die Gewinnung und Nutzung erneuerbarer Energien identifiziert. So bliebe ein Großteil der vorhandenen spezifischen Infrastruktur weiterhin nutzbar. Der Standort soll daher mit der grundsätzlichen Zielsetzung "großräumiges Gewerbe- und Industriegebiet" mit einem Schwerpunkt auf der Entwicklung und Nutzung regional bedeutsamer Energiecluster auf Basis erneuerbarer Energien entwickelt werden.
Aufgrund der infrastrukturellen Voraussetzungen bieten sich hier hervorragende Standortbedingungen für innovative Wasserstofftechnologie. Sowohl die Anlagen des Kraftwerks Buschhaus als auch die guten Anbindungen an bestehende Strom-, Gas-, Daten- und Verkehrsnetze erweisen sich als vorteilhaft.
Grüner Wasserstoff ist der Energieträger von morgen und der Aufbau einer starken Wasserstoffwirtschaft gehört zum Kern der niedersächsischen Wirtschafts-, Forschungs- und Klimaschutzpolitik. Diese Zukunftstechnologie soll in der Region Helmstedt verankert und über die Energiespeicherung in Form der Wasserstoffproduktion hinaus entlang der gesamten Wertschöpfungskette abgebildet werden.
Das Ziel ist es, die Forschungskompetenzen in Niedersachsen in einem Wasserstoffstandort zu bündeln und so eine weltweite Spitzenposition in der Entwicklung von grünem Wasserstoff einzunehmen. Als gemeinsames wissenschaftliches Zentrum der Universitäten Braunschweig, Clausthal, Göttingen, Hannover und Oldenburg übernimmt das Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN) die wissenschaftliche Begleitung des Projektes. Die enge Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ist zentral, um dieses innovative Vorhaben erfolgreich umzusetzen. Auch Bestandsfirmen treiben die Transformation maßgeblich voran, denn der Blick in die Zukunft übersieht nicht die gewachsene Gegenwart.
Der Landkreis war und wird immer Energiestandort bleiben. Firmen aus dem Bereich der Energiewirtschaft, die ihren Sitz bereits in der Region haben, sehen ebenfalls die Dringlichkeit der Transformation aus der fossilen in die regenerative Energiegewinnung und haben die Chancen des Wandels erkannt. Diese ansässigen Unternehmen bündeln ihr Know-how und wollen durch eine Kooperation die Wasserstofftechnologie weiter vorantreiben.
Um die vollständige Dekarbonisierung bis 2050 zu erreichen, muss fossiles Erdgas sukzessive durch regeneratives Gas ersetzt werden. Hinter dem geplanten Projekt der ansässigen Unternehmen zur Wasserstoff- und darauf aufbauenden e-fuel-Entwicklung steht die Idee, eine innovative Power-to-Fuel-Plattform zu realisieren. Darüber hinaus engagieren sich die Unternehmen in einem Modellvorhaben zur Wasserstoffmobilität in Helmstedt. Sie sind Teil einer Wertschöpfungskette, die von der Bereitstellung von grünem Strom, der Produktion von Wasserstoff über den Transport und die Bereitstellung von Wasserstoff für die Betankung, der Herstellung von Brennstoffzellenbussen bis hin zu einem ÖPNV-Dienstleister reicht, der eine nachhaltige Mobilität für die Bürger in ländlichen Raum anbieten möchte.
Zur Gewinnung von grünem Strom sollen auf den ehemaligen Tagebauflächen neben umfangreichen Photovoltaikanlagen weiterhin Windenergieanlagen entstehen. Wasserstoff ist der ideale Speicher für überschüssigen Wind- und Solarstrom. Zusammen mit weiteren Formen der Energieerzeugung (Biomasse, Plastikabfälle) wird so die Basis für die industrielle Produktion von Wasserstoff, Methanol sowie weiteren synthetischen Kraftstoffen geschaffen. Die Herstellung dieser Power-to-X-Produkte zusammen mit weiteren Speichertechnologien bieten dabei die zentrale Einheit im Konzept des Energieparks auf den ehemaligen Revierflächen. Übergeordnetes Ziel ist es, energieintensive Industrie anzusiedeln und eine Versorgung durch grünen Strom und Kraftstoffe anzubieten.
Um eine Fläche von letztlich 400 bis 800 Hektar zur potenziellen Gewinnung erneuerbarer Energien, insbesondere mithilfe von Photovoltaik-Anlagen, ausfindig zu machen, wurden im Rahmen einer Potenzialstudie im gesamten Helmstedter Revier rund 4.500 Hektar untersucht. Als Potenzialflächen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen konnten beispielsweise die Bereiche "Wulfersdorf Hohnsleben" und "Schöninger Nordfeld" identifiziert werden.
Im Helmstedter Revier entsteht derzeit neben einer Vielzahl an Seen zugleich eine „Grüne Energie Landschaft“. Dieser Umwandlungsprozess wird noch einige Jahre dauern. Doch schon heute werden die Wege zwischen Lappwaldsee, dem zukünftigen Elmsee und dem Teich Anna Süd von Spaziergängern und Radfahrern zur Naherholung genutzt und gerne erkundet.
Im Gebiet rekultivierter Tagebauen liefern bereits seit vielen Jahren Windenergieanlagen grünen Strom und das ehemalige Braunkohlekraftwerk Buschhaus mit Europas höchstem Schornstein prägt einstweilen noch das Landschaftsbild. Gleichzeitig bieten interessante Orte, attraktive Aussichtspunkte und eine ansprechende Landschaft Anreiz, dort zu verweilen. Der Blick schweift über Tagebaufolgeseen, Rapsfelder und urwüchsige Wälder. Hier im Helmstedter Revier kann der Besucher den Wandel der Landschaft immer wieder miterleben.
In einen Entwurf zur Entwicklung eines Wegenetzes im Helmstedter Revier hat die Stadt Helmstedt bereits bekannte, aber auch eher unbekannte Wege, Standorte und Ideen einbezogen.
Ziel der Arbeit ist es, die reizvollen Wege, Sichtachsen und Landmarken im Helmstedter Revier bekannter zu machen und zum Erkunden der entstehenden Seen- und Energielandschaft einzuladen. Diese Landschaft hat insbesondere in den zurückliegenden 170 Jahren durch die immer neu aufgeschlossenen Tagebaue ihr Gesicht wesentlich verändert. Dieses Gesicht unterliegt auch in Zukunft kontinuierlichen Veränderungen. Doch künftig könnte das Helmstedter Revier auch als ein gutes Beispiel für nachhaltiges Wirtschaften dienen.
Mit einem Wegesystem erhält das Helmstedter Revier seine Grundausstattung als Erholungsgebiet und das Fundament zur Ansiedlung weiterer Nutzungsangebote. Allein die Bereitstellung eines Wegenetzes eröffnet mehrere Entwicklungsoptionen. Dazu zählen beispielsweise Routen für Wanderer, Radfahrer und Skater, Naturerlebnisrouten und thematische Routen – insbesondere zum Thema „Gewinnung und großtechnische Nutzung erneuerbarer Energie“. Daneben sind unter anderem Wege zu den Themen „Grenzenlos“ und „Geopark“ denkbar. Schließlich erleichtert ein funktionierendes Wegenetz die Umsetzung von Veranstaltungen kultureller, sportlicher oder informativer Art – um auch hier nur Beispiele zu nennen.
In vielen Bereichen ist das Bergrecht im ehemaligen Revier noch zu beachten, um drohenden Gefahren zu begegnen. Dennoch kann und soll die Landschaft wo möglich den Einheimischen und Besuchern der Region „zurückgegeben“ und erlebbar gemacht werden.